Quantitative Easing, 12-Jahres-Tief, Deflation, EZB – diese Begriffe geistern derzeit ständig durch die Medien. Der Euro ist im Vergleich zum US-Dollar so wenig wert wie zuletzt im Jahre 2003, ein Ende des Abwärtskurses ist kaum in Sicht. Die EZB kauft Staatsanleihen für 60 Milliarden Euro ein. Pro Monat. Doch was bedeutet diese wirtschaftliche Entwicklung eigentlich für die Flusi-Szene, wie stark sind Add-Ons im Preis gestiegen und was muss in Zukunft beim Kauf von neuen Produkten beachtet werden? flusinews.de erklärt unter „Weiterlesen“ exklusiv für euch, was es mit der EZB-Politik auf sich hat und auf was ihr ab jetzt achten solltet!

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Das neue Gebäude der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt von innen – (Copyright: European Cental Bank /Robert Metsch)

1. Was ihr jetzt wissen müsst

Auf was muss ich jetzt beim Kauf von Add-Ons achten?

Der Kauf von Add-Ons aus ausländischen Shops ist in letzter Zeit signifikant teurer geworden. Kostete eine AUD$32.95 teure Orbx-Szenerie aus dem FlightSimStore am 1. Januar 2015 noch 22,2122€, sind es jetzt (15.03.2015) 23,9633€ – also 1,75 Euro mehr. Gegenüber dem 1. Januar 2014 ist der Preis sogar um 2,66€ gestiegen.

Bei Produkten, welche in US-Dollar gehandelt werden, ist der Unterschied sogar sehr viel größer als beim Australischen Dollar. Nehmen wir als Beispiel die B1900 von Carenado. Diese kostet $39,95. Am 1. Januar 2015 mussten Kunden aus Europa noch 32,8991€ zahlen, jetzt (15.03.2015) sind es schon 38,0502€! Das bedeutet also einen Preisanstieg von rund 5,51 Euronen in nur drei Monaten.

Je nachdem, in welchem Land der Online-Shop beheimatet ist, wird in unterschiedlichen Währungen abgerechnet. Derzeit ist der Euro noch geringfügig mehr wert als der US-Dollar. Teilweise kann es sich noch lohnen, im Ausland einzukaufen. Die Carenado B1900 ist im simMarket aber schon günstiger als direkt bei Carenado, deshalb ist hier Vorsicht angesagt, pauschale Aussagen können nicht getroffen werden!

Wir raten euch auf jeden Fall, vor dem Kauf immer die Preise für ein Produkt in verschiedenen Shops zu vergleichen und darauf zu achten, dass ihr den aktuellen Wechselkurs dafür verwendet. Der simMarket und Aerosoft verkaufen in Euro, der FlightSimStore in Australian Dollar, der FlightSim Pilot Shop in US-Dollar. Kleinere Entwicklerteams verkaufen in der Regel entweder in US-Dollar oder Euro. Aber Informationen dazu findet ihr in der Regel auf der Shop-Seite.

Da es als wahrscheinlich gilt, dass die US-Notenbank Fed den Leitzins für den US-Dollar in Kürze anhebt, könnte der Euroraum für Anleger noch unattraktiver werden, sodass der Euro in diesem Fall noch weiter an Wert verlierte (er wertet ab). Investoren würden ihr Geld dann nämlich in den Dollarraum verlegen (also faktisch Dollar kaufen und Euro verkaufen). Das „Rennen nach unten“ („race to the bottom“) ist womöglich noch nicht zu Ende. Darüber hinaus wird erwartet, dass ein Dollar bald einen Euro kostet, also eine 1:1 Parität erreicht wird.

Das unmittelbare Resultat wären noch höhere Preise für Produkte, die nicht im Euroraum verkauft werden.

Für Kunden aus dem Ausland hingegen dürfte die Attraktivität von in Europa beheimateten Stores steigen, denn sie müssen in Zukunft weniger bezahlen. Teilweise lohnt es sich für Kunden aus den USA schon, im simMarket einzukaufen.

Copyright by ECB
Euro/US-Dollar Kurs seit 2011 – Quelle: EZB

Wie sieht die Situation für Entwickler aus?

Designer außerhalb des Euroraums, welche ihre Produkte (auch) über ausländische Shops verkaufen, sind mitunter ziemlich in der Bredouille.

Ein kleines Beispiel: Ein Add-On wird für 23,80€ im simMarket verkauft. 3,80€ davon sind Mehrwertsteuer, bleiben 20€ übrig. Von diesen 20€ bekommt der Entwickler 14€, der Rest ist Kommission.
Am 1. Januar 2015 hätte der Entwickler umgerechnet 16,9982 US-Dollar pro Verkauf bekommen. Jetzt, am 15. März 2015, sind es nur noch US$ 14,6898. Das macht einen Verlust von rund 2,30 US-Dollar pro verkauftem Produkt, bei 100 Add-Ons sind das schon $230 – eine recht große Summe.

Gleichzeitig profitieren Designer aus dem Euroraum, welche z.B. über im Dollarraum beheimatete Shops verkaufen, enorm. Nehmen wir als Beispiel den Aerosoft Airbus A320/A321, welcher auch über den FlightSim Pilot Shop verkauft wird, und zwar zu einem Preis von $45,99. Nach Abzug der Kommission bleiben 70% übrig, macht also $32,19 für Aerosoft. Schauen wir uns jetzt die Wechselkurse an. Am 1. Januar 2015 hätte Aerosoft dafür 26,5087€ bekommen. Am 15. März 2015 sind es: 30,6592€, also insgesamt 4,15 Euro mehr pro verkaufter Kopie.

Der Verkauf von Add-Ons über Reseller aus dem Euroraum wird für ausländische Entwickler also zunehmend unattraktiver. Gleichzeitig ist es für Designer aus dem Euroraum sehr profitabel, über Shops aus den USA zu verkaufen.

Natürlich besteht dieses sogenannte Währungsrisiko schon immer. Sehr gut sieht die Lage derzeit beispielsweise für russische Entwickler aus, nachdem der Rubel seit Anfang 2014 um ganze 60% an Wert verloren hat. Bekamen sie pro Euro Umsatz im März 2014 lediglich rund 49 Rubel, sind es im März 2015 satte 65 Rubel.

Ob es aber merkliche Auswirkungen für die Flusi-Welt geben wird, ist fraglich – dafür ist die Branche viel zu klein. Außerdem besitzen viele Entwickler bereits ihren eigenen Shop (hier wird in der heimischen Währung verkauft) und bieten Produkte erst einige Wochen nach Release auch bei Resellern an. Da die meisten Verkäufe kurz nach der Veröffentlichung getätigt werden, sind Wechselkursschwankungen dann nicht mehr so gefährlich.


2. Die Hintergründe

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Lässt sich das auch auf die gesamte Wirtschaft übertragen?

Selbstverständlich. Während Importe von außerhalb für EU-Bürger zunehmend teurer werden, ist es für Firmen aus dem Ausland sehr attraktiv, in Europa einzukaufen. Das tut besonders der deutschen Industrie gut, welche stark auf den Export ausgerichtet ist. Doch auch andere EU-Länder profitieren, beispielsweise die griechische Tourismusbranche. Menschen außerhalb der Eurozone können durch den geringen Wert des Euros dort sehr günstig Urlaub machen, somit steigen die Umsätze von Hotel- und Gaststätteninhabern.

Kurzum: Während Verbraucher aus dem Euroraum vor einem Problem stehen, sind exportierende Firmen klar im Vorteil. Allerdings werden Rohstoffe meist in US-Dollar gehandelt, sodass dieser Vorteil unter Umständen eher gering ausfällt – es sei denn, die Unternehmen haben sich gegen die Schwankungen abgesichert. „Hedging“ wird solch eine Absicherungsstrategie gegen Preisschwankungen genannt.

Was ist Quantitative Easing?

Quantitative Easing (QE), zu Deutsch „quantitative Lockerung“, beschreibt das Aufkaufen von Staatsanleihen und anderen Wertpapieren durch eine Zentralbank, im Fall von Europa durch die Europäische Zentralbank (EZB).

Hierbei druckt die EZB erst neues Geld, um damit dann den europäischen Geschäftsbanken Staatsanleihen von Euroländern und sogenannte „forderungsbeschichtete Wertpapiere“ (englisch: Asset Backed Securities, kurz ABS) abzukaufen.

Warum macht die EZB das?

Das Ziel der EZB ist es, die schwache Wirtschaft im Euro-Raum anzukurbeln. Durch die Geldpolitik sollen Banken dazu bewegt werden, Kredite an Unternehmen zu vergeben, es soll mehr investiert werden. Aus diesem Grund wurde letztes Jahr der Leitzins auf lediglich 0,05% gesenkt und Strafzinsen für Banken eingeführt, welche ihr Kapital bei der EZB „parken“ wollen. Anstatt das Geld anzusparen, soll es ausgegeben werden.

In diesem Zusammenhang ist die Preisniveaustabilität äußerst wichtig. Ziel der EZB ist es, eine Inflationsrate von knapp unter 2% zu erreichen. Die Inflationsrate in Deutschland lag im Januar 2015 bei -0,4%. Das bedeutet, die Waren sind im Schnitt um 0,4% günstiger geworden. Dies liegt besonders an sinkenden Preisen für Rohöl und Lebensmittel.

Verhindert werden soll eine sogenannte Deflation, also der signifikante Rückgang von Preisen für Waren und Dienstleistungen.

Warum ist eine Deflation so gefährlich?

Eine Deflation kann in einem Teufelskreis und letztendlich in einer Wirtschaftskrise enden. Warum, lässt sich leicht erklären. Wenn die Preise immer weiter fallen, warten Verbraucher in der Regel mit dem Kauf von nicht lebenswichtigen Produkten ab. „In zwei Wochen ist der Fernseher bestimmt noch günstiger“, das sagt man sich dann.

Dadurch fällt die Nachfrage für die entsprechenden Produkte, sodass die Hersteller mit sinkenden Gewinnen rechnen müssen. Um diese auszugleichen, wird dann die Produktion gedrosselt, Mitarbeiter werden entlassen oder Löhne gesenkt.

Das führt aber dazu, dass die Verbraucher noch weniger Geld zum Ausgeben haben und die Nachfrage weiter sinkt. Schon befindet sich die Wirtschaft im Teufelskreis und steuert auf eine schwere Depression zu.

Wieso ist der Euro jetzt weniger wert?

Weil die Zinsen so niedrig sind, investieren Anleger lieber in anderen Ländern und somit sinkt auch die Nachfrage nach dem Euro. Wenn ein Anleger aus den USA im Euroraum investieren will, muss er erst Dollar in Euro eintauschen bzw. seine Dollar verkaufen und Euro kaufen. Wird eine Währung in großen Mengen verkauft, sinkt der Wert, weil das Angebot steigt und die Nachfrage gleich bleibt. Wird sie in großen Mengen gekauft, steigt die Nachfrage bei gleichbleibendem Angebot, der Wert steigt. Dies wird auch Auf- und Abwertung genannt.

Da die EZB jetzt Anleihen im Wert von 60 Milliarden Euro pro Monat mit neu gedrucktem Geld kauft, steigt die Menge an Euro rapide an, die Nachfrage bleibt aber gleich. Deshalb sinkt der Euro-Wert im Vergleich zu anderen Währungen.

 

Das neue EZB-Gebäude in Frankfurt am Main – (Copyright: European Central Bank / Robert Metsch)

3. Fazit

Aufgrund des schwachen Euros müssen auch virtuelle Piloten in Zukunft auf den Wechselkurs achten, denn Produkte aus ausländischen Shops werden immer teurer. Für Entwickler aus den USA oder anderen Ländern mit einer dem Euro gegenüber starken Währung, die ihre Add-Ons über Shops in der EU verkaufen, ist die Situation ebenfalls suboptimal – der Wechselkurs schmälert ihre Gewinne. Im Vorteil sind hingegen alle Designer aus dem Euroraum, welche ihre Produkte über Stores aus den Vereinigten Staaten verkaufen – ihr Profit steigt.

Ein Ende dieser Entwicklung ist derzeit kaum in Sicht. Sollte die US-Notenbank Fed den Leitzins im Frühsommer 2015 wirklich erhöhen, könnte es mit dem Euro noch einmal stark bergab gehen – wie teuer Produkte aus dem Ausland dann werden, kann niemand vorhersehen.

Fakt ist aber, dass Wechselkurse auch für die FS-Szene eine wichtige Rolle spielen und uns somit nicht vollkommen egal sein sollten. Die obigen Beispiele zeigen das klar und deutlich. Deshalb: Vor dem Kauf fleißig Preise vergleichen!


Artikelbild und weitere Bilder: © European Central Bank/Robert Metsch

Autor

Hallo, ich bin Frank und schreibe seit 2011 für flusinews.de. Damals war unsere Website ein kleines Hobbyprojekt, heute eine wichtige Stimme in der Flugsimulator-Szene – auch wenn wir immer noch in unserer Freizeit schreiben. Auf flusinews.de kümmere ich mich um alles, was irgendwie mit Inhalten zu tun hat. Am liebsten schreibe ich ausführliche Hintergrundberichte über Themen, welche die Szene bewegen.

Bisher 2 Kommentare

  1. Gut gemacht, Frank!
    Der Artikel ist sehr informativ, das Thema beobachtest Du demnach wohl schon seit geraumer Zeit. In dieser Situation können allerdings allenfalls die Anbieter wählen und mit Shopgründung im Dollar-Raum reagieren. Wir als Kunden ganz am Ende der Kette haben keine Wahl: Vogel friß oder stirb.

    • Freut mich, dass dir der Artikel gefällt, Werner.
      Die Unternehmensgründung im Ausland dürfte sich aber nicht ganz einfach gestalten…

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