Jo Erlend Sund hat es sich offensichtlich zum Ziel gemacht, nach und nach die kleinen, aber interessanten Flugplätze Norwegens nachzubauen. Das er sich hierbei meist nicht nur auf Piste und Vorfeld beschränkt, konnte man bereits in Alta X erkennen. In seinem neuesten Projekt hat der Designer sich nun die windumtoste Insel Værøy am äußersten südwestlichen Rand der Lofoten-Inselkette ausgesucht. Der Flugplatz ist zwar mittlerweile geschlossen, aber Sund hat ihn sozusagen einer Retrospektive unterzogen und zugleich die landschaftlichen Reize der Umgebung in den Vordergrund gestellt. Mehr Details unter Weiterlesen.

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Fakten vorab zu Værøy X

Die Szenerie Værøy X gibt es wie üblich bei Aerosoft im Downloadshop für 14,95€ und in einem Volumen von 1,8GB zu haben, die sich auf der Festplatte dann immerhin schon auf 5GB ausbreiten. Die Registrierung erfolgt gewohnt aerosoftisch und ein nettes kleines Configtool ergänzt die Lieferung sinnvoll. Hier kann man die Qualität der Bodentexturen einstellen, Animationen einschalten und die Jahreszeitendarstellung mit FTX Norway angleichen. Außerdem kann man den Polarlichteffekt abschalten – warum auch immer man das tun sollte ;-). In einem kurzen Manual gibt es Spannendes zur Geschichte des Flugplatzes zu erfahren sowie einige Hinweise zu operativen Verfahren.

Die Umgebung

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Væroy liegt weit nördlich des Polarkreises und bereits in beträchtlicher Entfernung zur norwegischen Festlandküste. Es unterliegt so in ganz besonderem Maße dem Wohl und Wehe des Ozeans und somit ist Wind hier, wo auch der schnellste Gezeitenstrom der Welt das Wasser durcheinanderwirbelt, immer ein Argument und tritt meist in heftigen Böen auf. Außerdem spielen Nebel und tiefhängende Wolken eine Rolle. Bei drei von vier Testversuchen mit realem Wetter lag die Wolkenuntergrenze bei nicht einmal 500 Fuß und die gewaltigen Felswände der Insel waren bisweilen nur zu erahnen.

Auf der Insel leben 2016 ca. 750 Menschen vorwiegend von Fischerei und Tourismus, das Sommerwetter gestaltet sich wechselhaft, die Winter wiederum können durch den Golfstrom milder sein, als man vielleicht meint. Jedenfalls liegt dort im Winter meist viel weniger Schnee, als die vorliegende Szenerie suggeriert.

Zum allgemeinen Auftritt der Insel kann man feststellen, dass Jo Erlend Sund den Charakter dieses eiszeitgeformten Eilandes gut getroffen hat. Die markanten Felswände mit ihren teils steilen Graten entsprechen der Realität, in den Hängen und Tälern überwiegt grünes Gras. Es gibt so gut wie keine Bäume, dafür aber eine steinige Küste unterbrochen von einigen wenigen Sandstränden (etwas zu hell geraten), vor denen das Wasser dann schon einmal karibische Züge annehmen kann, auch wenn die Temperatur wohl selten zum Baden einlädt. Der Hauptort der Insel heißt Sørland und wartet mit einem recht großen Hafen, zahlreichen Fischerbooten und der typischen norwegischen Holzhausbebauung auf. Das Dorf ist ansehnlich gestaltet, aber schon von Natur aus kein darstellerisches Highlight. Wichtig ist, dass die wenigen Straßen und Wege, die es auf der Insel gibt, korrekt nachgezeichnet wurden, dasselbe gilt für Straßenlaternen, einige Strommasten und eine waghalsig auf der Bergspitze platzierte Radarstation. Außerdem befindet sich hier der moderne Værøy Heliport, heute die einzige Möglichkeit, die Insel aus der Luft zu erreichen.

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Trotz des guten Gesamtüberblicks fallen an mehreren Stellen in den Bodentexturen Ecken und Kanten auf. Insbesondere gilt dies für die Übergänge von Fels- zu Grastexturen in den Bergen, sowie von Sand- zu Gerölltexturen an der Küste. Hier sind teilweise richtige Zickzack-Muster erkennbar. Nördlich des Flugplatzes gibt es einen völlig unscharfen Flachwasserbereich und auch sonst fallen entlang der Land-Wasser-Grenze häufiger mal Unschärfen auf – eine HD-Textur ist das mitnichten. Auch schwarze Flächen vor Sandstränden sind nicht richtig zu deuten – wurden hier Luftbildschatten vergessen, handelt es sich um einen Seetangwald oder hat eine Ölpest die Insel heimgesucht?
Nachts hat die Insel ungefähr so viele Straßenlaternen wie Einwohner und ist gekonnt nordisch dunkel.

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Im Winter liegt eine ganze Menge Schnee und obwohl das gar nicht so schlecht aussieht und die Bergflanken schön davon verschont sind (Schnee bleibt ja in der Vertikalen nur selten liegen), ist es doch insgesamt ein bisschen viel der weißen Pracht. Wenn man sich den Golfstromeinfluss mit den extremen Windgeschwindigkeiten vor Ort vorstellt, ist eine fette Schneedecke eher unwahrscheinlich – aber wer Winter sucht, soll ihn haben. Vergeblich gesucht hingegen wurde während einiger Teststunden das angepriesene Polarlicht. Auf den Bildern sah es gut aus, aber es war unauffindbar – vielleicht ist sein Erscheinen ja auch wie in der Realität: nahezu unvorhersehbar und ziemlich spontan.

Trotz einiger Texturmacken ist es spaßig und spannend, die Insel zu erkunden, eben weil sie ein so vielfältiges Aussehen, im Sommer wie im Winter hat. Und wenn man sich auf den stürmischen Anflug auf die kurze Piste vom ehemaligen Værøy Flyplass vorbereitet, bleibt eh keine Zeit für Details.

Der Flugplatz

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Der kleine Platz Værøy mit winzigem Tower, Abfertigungsgebäude und einem Vorfeld, nur halb so groß wie ein Supermarktparkplatz, wurde im Juli 1986 eröffnet und seinerzeit vor allem von Widerøes Twin Otter angeflogen. Aufgrund der komplizierten Wetterverhältnisse mit teilweise extrem wechselhaften Windrichtungen gab es zu Zeiten nur zwei Piloten in der Widerøe-Crew, die die Insel überhaupt anfliegen durften. Der Platz selbst überlebte nur knapp fünf Jahre und wurde nach dem Absturz einer Maschine im April 1990 nicht wieder für den öffentlichen Verkehr freigegeben. Seitdem ist die Insel nur noch per Schiff oder Helikopter zu erreichen. In der vorliegenden Szenerie wird der Zustand des Flugplatzes während seiner aktiven Betriebszeit dargestellt, heute ist er Privatbesitz und beherbergt eine kleine Schokoladenfabrik.

In der Nachbildung sieht die nur 800 Meter kurze Landebahn 07/25 von Værøy bereits ziemlich mitgenommen aus und die Farbe bröselt vom Asphalt. Die Grasstreifen links und rechts sind sichtbar gemäht und wartet man auf die Startfreigabe, umkreisen Möwen die steilen Felswände unmittelbar östlich der Piste. Die Startbahn ist marginal befeuert und gerade bei schlechter Sicht sind die erkennbaren, aber sehr einfach modellierten Approachlights eine wichtige Navigationshilfe. In der Kürze der Bahn liegt nämlich die Schwierigkeit, hier bewegt man sich häufiger an der Untergrenze der Anfluggeschwindigkeit. Bei den böigen Fallwinden aus den Bergen kann einem dann ganz schnell die Luft unter den Flügeln ausgehen, insofern ein sehr spannendes Revier!

Das kleine Vorfeld zeichnet sich durch eine durchschnittliche Beleuchtung, wartende Mitarbeiter, ein paar Gegenstände und einer Tankstelle aus. Statische Flieger vermisst man hier kaum, denn dann bliebe kaum noch Platz zum Parken des eigenen Gefährts.

Nachts ist der Platz nur schwach beleuchtet, was durchaus der Realität entsprochen haben könnte. Das winzige Terminal ist illuminiert und die dort wartenden Reisenden scheinen sich nicht in die Kälte zu trauen. Im Winter kommt der Platz noch vereinsamter daher und fristet ein eisiges Dasein. Auf dem Hausdach liegt bis in den Juni(!) eine dicke Schneeschicht (garantiert nicht so gewollt!) und auch auf den beistehenden Gepäckwagen findet sich die weiße Pracht. Sonst sind die Wintertexturen auf Vorfeld und Landebahn eher bescheiden ausgefallen und noch unschärfer als die ohnehin schon manchmal blasse Sommervariante. Nein, der Winter ist nicht Jo Erlend Sunds Stärke (siehe Tromsø X und Alta X).

Die Performance

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Die Szenerie Værøy X läuft erstaunlich flüssig ab. In den Testeinstellungen wurden Simulations- wie auch szenerieseitig alle Regler auf „Ultra“ geschraubt, ohne das man dabei das Nachsehen gehabt hätte. Allerdings ist das Autogen natürlicherweise sehr dünn gestreut und der Terrainstruktur kommt so die volle Aufmerksamkeit des Prozessors zu. Hier kann man flüssig fliegen und so die Herausforderungen der Wetterkapriolen auch gekonnt meistern.

Das Fazit

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Værøy X ist eine konsequente, wenngleich aber auch nicht zu 100% überzeugende Fortsetzung von Jo Erlend Sunds Neumodellierung norwegischer Flughäfen. Einerseits macht es viel Freude, die windumtosten Gipfel der Insel zu umrunden und sein fliegerisches Können unter allerlei Wettereinflüssen auszuprobieren. Andererseits täuscht der ganze Spass nicht über die wirklich auffälligen Texturfehler hinweg, die einem ins Auge fallen müssen. Wer jedoch ein Sammler nordischer Destinationen ist und sein FTX Norway weiter aufpeppen will, für den sind die 15 Euro sicher keine Geldverschwendung.

Entwickler: Jo Erlend Sund
Lizenz:Payware
Getestete Version:1.0
Preis:14,95€
Erscheinungsjahr:2016
FS-Version(en):FSX, FSX:SE, Prepar3D v3
Produktseite:Aerosoft-Shop

Pro

  • gelungene Darstellung der natürlichen Gegebenheiten
  • authentischer Texturwechsel zwischen den Jahreszeiten
  • sehr gute Performance

Contra

  • Schwächen und Unschärfen in Texturen und Texturübergängen
  • Winterdecke für die Region etwas zu arktisch, Wintertexturen schwach
  • (Polarlichteffekt war nicht aufzufinden)

Auszeichnungen

– keine

Jens Leuteritz für flusinews.de

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Testsystem

Computer: Desktop-PC
Hersteller: Eigenbau
Betriebssystem: Windows 7 Home Premium, 64bit
verwendete Flusi Version: Prepar3D v3
Mainboard: MSI MS-7693
Prozessor: AMD FX(tm)-6300 Six-Core Processor, 3,5 Ghz
Arbeitsspeicher: 8192MB RAM
Grafik: AMD Radeon R9 200 Series
Festplatte (OS): Adata SP900 SATA, 120GB
Festplatte (FSX): WDC WD10 EZEX-00BN5A0 SATA, 1TB

Weitere HD-Bilder

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Autor

Mein Name ist Jens Leuteritz und ich bin seit Anfang 2015 bei flusinews.de dabei. Meine Flugsimulatorlaufbahn teilt sich in zwei Abschnitte auf: Als Jugendlicher fesselten mich vor allem der FS2002 und der FS9, und nach etlichen Jahren fliegerischer Abstinenz stieg ich dann 2014 mit dem FSX und zahlreichen Add-Ons wieder voll ins „Geschäft" ein. Die Fülle an Szenerien und professionellen Fliegern, aber auch die riesige Community reizten mich, die Erfahrungen anderer Nutzer nicht nur zu konsumieren, sondern selbst mit Tests und Reviews zum Auskommen der Szene beizutragen. Um meine Brötchen zu verdienen, arbeite ich nach dem Studium mittlerweile als Fahrdienstleiter bei der DB Netz AG und gebe, wie es im Jobportal heißt, „Zügen Regieanweisungen“. Im Flightsimulator reizen mich vor allem die Landschaftsdarstellungen der nördlichen Hemisphäre, die ich immer wieder mit großen und kleinen Fliegern unter die Lupe nehme. Von hochdetaillierten Airlinern und virtuellen Airlines habe ich mich mittlerweile aufgrund der schwachen Performancestruktur des FSX distanziert und bin nun fast nur noch als GA unterwegs.

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