Unsere Szene teilt sich ganz grob gesagt in drei große Segmente von Anwendern ein: Die, die noch rein mit Joystick und Tastatur im Simulator unterwegs sind; die, die zu Hause im eigenen Homecockpit sitzen und diejenigen, die sich dazwischen tummeln. Für die letzte Gruppe gibt es von der Firma JOE simtech neue und interessante Desktoplösungen, mit denen Hobbypiloten den Schritt von der Maussteuerung weg und hin zu mehr Realität begehen können. Das All-in-one-Produkt ist eine multifunktionale Schubreglereinheit und wir haben sie uns genauer angesehen.
Fakten vorab
Hinter JOE simtech steckt ein kleines Familienunternehmen um Joachim Herwig aus dem Raum Stuttgart. Die Firma bietet seit kurzem auf einer gut gemachten Website zahlreiche Einzelkomponenten im Baukastenprinzip an. Der Produktfokus liegt zwar auf einer kompakten Throttle-Einheit, aber dank eines innovativen Gesamtkonzepts stellen sich der Bezug und die Konfiguration des gewünschten Endproduktes als äußerst flexibel dar. Die uns vorliegende Einheit besteht aus zwei Schubreglern, einem Regler für die Bremsklappen sowie einem für die Landeklappen. Darüber hinaus bekommen wir 14 (!) Zweiwege- sowie Kippschalter, einen Fahrwerkshebel, ein kleines Trimmrad sowie einen weiteren großzügigen Kippschalter für die Klappen, etwa so wie man ihn aus einer Cessna kennt.
Das Produkt wurde uns von der Firma JOE simtech freundlicherweise zusammengebaut zur Verfügung gestellt. Nach dem Test haben wir es wieder an sie zur Weiterverwendung zurückgesendet.
Das Ganze kommt in einem kompakten und seitlich mit Edelstahl verblendeten Kunststoffgehäuse daher, welches wiederum zwei Klemmoptionen für die frontseitige Tischbefestigung beinhaltet. Würde man die vorliegende Einheit exakt so bei JOE simtech bestellen, würde sie mit gut 388,00 Euro zu Buche schlagen – das wirkt erstmal einschüchternd, ist aber durchaus ein erklärbarer Preis.
Geliefert wird alles in einem erstaunlich kleinen Paket, gut gepolstert und eingepackt. Außerdem enthalten sind Ersatzgummiringe für den Hebelwiderstand sowie ein USB-Kabel für die Endverkabelung. Die Lieferung erfolgt sehr schnell, ein Zusammenbau ist nicht nötig und so wurde die Throttlebox einfach mal am Flusi-PC angeschlossen.
Integration
Beim ersten Start wird die integrierte Leobodnar-Interfacekarte sofort als Joystick identifiziert und kann entsprechend innerhalb von Windows als Controller grob vorkalibriert werden. Besser geht das Ganze allerdings mittels FSUIPC beziehungsweise auch einfach über den Simulator selbst. Alle Schalter und Achsen wurden korrekt erkannt und funktionierten problemlos, allerdings sollte man sich für das Einrichten der Throttle-Einheit auf dem jeweiligen Flieger ein bisschen Zeit nehmen, da zum Beispiel die Schubregler nicht von Natur aus die gewünschte Übersetzung „kennen“ und gegebenenfalls erstmal an die eigenen Wünsche angepasst werden müssen. Die Schalterbelegung funktioniert innerhalb von Sekunden und nach einer guten Viertelstunde ist die Einheit integriert und funktioniert grundsätzlich tadellos.
Operation
Bevor man über die Haltbarkeit, die Solidität und den strukturellen Aufbau des Throttles spricht, sollte man sich vor Augen führen, wie viel Arbeit die Entwicklung und Konstruktion dieses Produktes macht und was es von anderen, wesentlich teureren Konkurrenten abgrenzt.
Zunächst können wir feststellen, dass hier in Leichtbauweise gearbeitet wurde, die Einheit trotzdem aber eine solide Stabilität ausstrahlt. Klemmt man sie nicht am Schreibtisch fest, verrutscht sie stehend allerdings sehr schnell. Die Tischklemmen haben eine ziemlich breite maximale Spannweite – die ca. viereinhalb Zentimeter dicke Tischplatte von IKEA konnten sie jedoch nicht greifen, dafür war ihr Abstand einfach nicht groß genug. Die Kippschalter sind alle fest verbaut und strahlen den unnachahmlichen Charme einer Zeit aus, in der Flugzeuge noch nicht nur über Glasbildschirme und Sidesticks geflogen wurden.
Dazu kommt noch die unmissverständliche Geräuschkulisse beim Einrasten der Schalter – Haptik, die ihres Namens gerecht wird. Die Schubregler haben einen angenehmen Widerstand und lassen sich sehr gut parallel führen. Trotzdem haben sie etwas Querspiel, was sicherlich der Leichtbauweise und den flexiblen Materialien geschuldet ist.
Wer den Umkehrschub aktivieren will, muss erst einen zweiten Griff aus der Arretierung heben
Eine richtig geniale Idee sind die Rasten, die sowohl an den Spoilers, den Schubreglern, als auch am Klappenregler verbaut sind. Mittels eines kleinen Gummis wird der Schubregler auf die Konsole gepresst und man muss für das Aktivieren des Umkehrschubs einen angebauten, zweiten Hebel aus der Arretierung heben, damit die Schubachse im unteren Bereich zum Reverser wird beziehungsweise die nächste Klappenstufe gefahren werden kann – das ist innovativ, macht Spaß und hat uns wirklich sehr positiv überrascht! Nun wirken Gummis nicht gerade wie eine Dauerlösung, trotzdem zeigt sich, dass mit wenig technischem Aufwand bereits sehr gute Erfolge erzielt werden können – etwas, dass man bei großen Herstellern mitunter vergebens sucht.
Insgesamt kann man zu den Schubreglern sagen, dass sie ihren Job gut machen und man über eine entsprechende Feinkalibrierung via FSUIPC auch die gewünschte Trägheit einstellen kann. Der absolut synchrone Lauf erfordert zwar etwas mehr Arbeit, ist aber möglich. Dank der großen Handläufe liegen die Regler außerdem gut in der Hand und man hat das Gefühl, alles im Griff zu haben.
Der Hebel zum Ein- und Ausfahren des Fahrwerks muss nach dem gleichen Prinzip aus der Endstellung gezogen werden, wirkt dabei aber etwas wackelig und man kann damit die gesamte Konsole – so sie nicht festgeklemmt ist – auf dem Tisch nach vorne ziehen. Trotz der kleinen Schwächen macht es Spaß, das Fahrwerk mal nicht mit einer Tastatur auszufahren und so erfüllt auch diese Idee ihren Zweck.
Das mitgelieferte Trimmrad ist leider deutlich zu lose und wirkt eher wie Spielzeug, da es sich auf seiner gelagerten Achse merklich verschiebt. Feintrimmung ist damit trotzdem möglich, aber hier fürchtet man beim Bedienen doch, etwas kaputt zu machen. Super hingegen ist der Dreiwegeschalter, den man für die Landeklappen gebrauchen kann. Er wurde mit einer Kunststoffkappe versehen, die ihn noch greifbarer macht. Hier könnte genauso gut eine Bärenpranke zulangen – der Schalter sitzt!
In der Throttle-Einheit steckt viel Ideenreichtum
Schauen wir uns noch einmal das Gesamtwerk an: Die Throttle-Einheit ist leicht und doch stabil und montiert man sie am Tisch, ist sie regelrecht unbeweglich. Die interne Verdrahtung sieht gut aus und lässt sich mittels Steckverbindungen zumindest auf der Interfacekarte bei Hardwareproblemen auch gut entstören oder sogar relativ problemlos erweitern. Von den Hebeln kann man keine Qualität wie bei 3000-Euro teuren Alternativen im Homecockpitbereich der Airlinerfraktion erwarten und die Kunststoffkonstruktion ist natürlich nicht so starr wie Metall.
Trotzdem hat man eine solide Steuereinheit vor sich, die übrigens durch ihre Abmessungen auch sehr gut in der Lage ist, Teile der bekannten GoFlight-Konsolen zu integrieren. Zweifelsohne steckt hier viel Ideenreichtum drin und man merkt Joe an, dass er selbst Flugsimulatorpilot ist, der erkannt hat, was so viele in unserer Community suchen: einen einfach zu konfigurierenden Throttlequadranten mit intelligenter Zusatzausrüstung und für alle die geeignet, die nicht gleich ein ganzes Homecockpit bauen wollen.
Support durch JOE simtech
Joe von JOE simtech ist bei der Beratung äußerst zuvorkommend und sehr flexibel in der Konfiguration des gewünschten Produktes. Bereits die Website macht deutlich, dass eigene Ideen bei der Verwirklichung durchaus willkommen sind. Außerdem reagiert Joe sehr schnell auf Emails und arbeitet stetig an der Weiterentwicklung seiner Produktanleitungen – einen Blick darauf könnt ihr hier oder bei Youtube werfen. Wer sich auf der Homepage von JOE simtech umschaut, wird auch erkennen, dass für Ersatz- beziehungsweise Einzelteillieferungen jederzeit gesorgt ist. Darüber hinaus können diejenigen, die sich das Verkabeln der Leobodnar-Karte mit den Potentiometern und Schaltern nicht zutrauen, auch eine komplett montierte Throttle-Einheit bestellen.
Das Fazit
JOE simtech zeigt, dass Simulatorequipment auch in Kleinserienproduktion funktioniert. Was man bekommt, ist eine durchdachte und für alle möglichen Flugzeugtypen zugeschnittene beziehungsweise konfigurierbare Throttle-Einheit mit zahlreichen, optional wählbaren Zusatzfunktionen. Was man nicht bekommt, ist High-End-Verarbeitung von CNC-gefrästen Metallteilen oder dimmbare Hintergrundbeleuchtung. Vielmehr ist es ein leichtes, sportliches Paket aus soliden Schubreglern, cleveren Klappen- und Bremsklappenhebeln sowie unzähligen Schaltern, mit denen man die Computertastatur fast schon aus dem Steuerarsenal verbannen kann. Natürlich ist der Gesamtpreis nicht ganz ohne und die Investition will gut überlegt sein. Aber im Zweifelsfall lohnt sich der Besuch von Joes Website, wo ihr euch auch inspirieren und beraten lassen könnt.
Wir haben die konstruktiven Eindrücke dieses Reviews an JOE simtech weitergeleitet und die Firma hat daraus Schlüsse für die künftige Weiterentwicklung und Verbesserung des Produktes gezogen. Beispielsweise sollen die Maximalspannweiten der Tischklemmen erhöht sowie eine Antirutschlösung für den Betrieb ohne die Klemmen geliefert werden.
Hersteller | JOE simtech |
offizieller Produktname | Starter Kit für Schubhebel |
getestete Version | Twin Engine FADEC with Slats and Flaps |
Preis | ab 194,04 Euro (hier: 388,00€) |
Kompatibilität | keine Einschränkungen |
getestet mit | Prepar3D v4 |
Produktseite | joesimtech.com |
Pro
- super Support
- gute Ersatzteilbeschaffung
- viele Funktionen programmierbar
- solide und trotzdem leichte Konstruktion
- Klappen- und Reverser-Sperren schön umgesetzt
Contra
- Fahrwerkshebel und Trimmrad haben zu viel Spiel
- Tischklemmen nicht breit genug (siehe Anmerkung oben)
Zusammenfassung
Kurzfassung
Die multifunktionale Throttle-Einheit von JOE simtech ist gut durchdacht und kann äußerst flexibel konfiguriert werden. Gleichwohl darf hier niemand einen Schubregler der Luxusklasse aus entsprechend hochwertigen Metallteilen erwarten.
Auszeichnungen
- keine
Jens Leuteritz für flusinews.de
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Die Bilder in diesem Testbericht stammen, sofern nicht explizit mit unserem Logo gekennzeichnet, von JOE simtech. Alle Rechte vorbehalten.
Auf eine Bewertung mit Sternen/Punkten haben wir in diesem Testbericht verzichtet, weil uns im Bereich Hardware keine ausreichende Erfahrungswerte vorliegen.
Bisher 3 Kommentare
Ich habe ja die Hoffnung noch nicht völlig aufgegeben, dass auch das hier mal irgendwann erscheint:
https://flyhoneycomb.com/bravo-throttle-quadrant-2/
Hi Peter,
bei Aerosoft (dem Vertriebspartner in Deutschland) ist zu lesen, dass Yoke und Throttle Ende Juli 2019 erwartet werden, je zu Preisen um 200€.
Bei den Komponenten von Joe sehe ich allerdings Vorteile was die Wartbarkeit (und somit Haltbarkeit) angeht.
Bei Honeycomb sollte man anmerken, dass die Produkte schon Anfang 2018 auf dem Markt sein sollten (siehe auch Artikel hier auf flusinews.de). Insofern wäre ich bei den Terminen im Aerosoft-Shop skeptisch. 😉