Nach dem ersten Teil meines Reiseberichts, den wilden Rocky Mountains und der Ebene Albertas, rund um Calgary, geht es nun mit dem Flieger an die Pazifikküste. Um Seattle herum befindet sich das Herz der amerikanischen Luftfahrtindustrie. Das Boeing-Werk in Everett und das Museum of Flight rund um die zweite Fertigungsstätte am legendären Boeing Field. Der Überflug über die Rocky Mountains war etwas holprig und die CRJ 900 der Air Canada wurde schon teilweise etwas durchgeschüttelt.

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Hier möchte ich mich noch bei dem netten Flugbegleiter bedanken, der mich ständig über alle Neuigkeiten des Viertelfinals der Fußballweltmeisterschaft auf am laufenden gehalten hat. Das 1:0 im Spiel Deutschland – Frankreich ging während meines zweistündigen Fluges nicht an mir vorbei.

Die hohen Berge des Zentralmassives der Rocky Mountains sind von oben zwar nicht ganz so atemberaubend anzusehen wie von unten, lassen einen aber trotzdem noch immer das Kinn auf den Klapptisch am Sitz des Vordermannes fallen. Auch die Wolkenformationen, besonders der bekannte Pazifiknebel, kann von dort oben sehr schön betrachtet werden.

Nach der Landung am Seattle/Tacoma International Airport wird einem sofort bewusst, wo man sich befindet. Die Luftfahrtgeschichte ist in der Ankunftshalle schon allgegenwärtig. Besonders im Umkreis des Boeing Field in Seattle, der Geburtsstätte der Boeing Company. Auf dem kleinen aber feinen Flugplatz in Mitten der Stadt befindet sich noch immer ein Teil der Endabnahme von Boeing.

So ist das Museum of Flight zwischen großen Werkshallen eingekesselt, dazwischen ein kleiner roter Holzbau, der etwas an eine typische amerikanische Farm erinnert, die erste Werkshalle der Boeing Airplane Company. Außerhalb des Museums lassen sich vom Parkplatz aus durch die Löcher im meterhohen, mit Stacheldraht gesicherten Maschendrahtzaun die Militärprojekte von Boeing betrachten.

Neben der 757-200 mit den F-22 Erprobungsutensilien, das ist die Boeing mit der F-22 Raptor Nase und den lustigen kleinen Flügeln über dem Cockpit, stehen dort auch diverse P-8A Poseidon und E-3A Sentry, die dort auf ihre Fertigstellung oder Wartung warten. Ab und zu rollt jedoch auch mal eine nagelneue Boeing 737 vorbei und macht Taxi- beziehungsweise Bremstests und Probestarts.

Auf dem Vorplatz des Museumsaußenbereichs hat eine Gruppe von ambitionierten Flugzeugfreunden eine Boeing B-17 Flying Fortress vor der Schrottpresse bewahrt. In vielen tausend Arbeitsstunden haben sie der alten Dame zwar kein neues Leben eingehaucht, sie jedoch wieder ansehnlich hergerichtet und begehbar gemacht. Der Weg durch die Bombbay, der nötig war um die tödliche Fracht zu entsichern, ist nicht gerade ohne und auf Fluggipfelhöhe kein Spaziergang, da in diesem Bereich der B-17 kein Druckausgleich möglich war. Um auf den Sitze des Heckschützen zu gelangen, ist es nötig sehr gelenkig zu sein. Nach einigem Rutschen und Drehen hatte ich es dann aber geschafft und ich muss schon sagen, dieser Platz ist echt bequem, auch kann ich mir gut vorstellen, dass die Aussicht von dort wirklich genial gewesen sein muss.

Ihre kleine Schwester, die Boeing B-47 Stratojet, war leider für Besucher gesperrt. Die Douglas DC-3 der Trans-World Airlines, welche normalerweise für Rundflüge über Seattle bereit steht, war leider auch in Wartung.

Im großen gläsernen Innenraum des Museums blieb mir erstmal kurzzeitig die Luft weg und ich hatte wirklich doch etwas zu kämpfen, dass mein Kinn nicht ungebremst auf dem Boden aufschlägt. Es ist wirklich unglaublich, was dort alles in dieser Halle steht und hängt.

Von den Anfängen der Fliegerei, mit den Wright Brüdern bis hin zur SR-71 Blackbird steht dort nahezu alles. Ich habe mir mal erlaubt einen der dort stehenden Guides auf Gustav Weißkopf anzusprechen, leider war ihm dieser unbekannt, wirklich sehr schade (bei Gustav Weißkopf handelt es sich um einen deutsch-amerikanischer Pionier des Motorflugs). Eine begehbare Boeing 737-200, Raumkapseln aus der Zeit des Kalten Krieges, Teile der alten NASA Zentrale in Houston, ein begehbares Modul der ISS, diverse Hubschrauber, Flieger und so viel mehr was ich jetzt auch gar nicht alles aufzählen will.

Am interessantesten fand ich das Aerocar, halb Auto, halb Flugzeug, wirklich sehr schade, dass sich so etwas nicht durchsetzen konnte. Neben einem Tower zum „selbst ATC spielen“ und Flugzeugtyp raten, ein Spaß für alle Spotter, habe ich auch mal im Cockpit der SR-71 Blackbird platzgenommen und ich muss schon sagen: wer unter Platzangst oder Klaustrophobie leidet, der sollte dies doch bitte nicht machen. Geräumig ist anders.

An der Decke hängen diverse Hubschrauber und andere Flugzeuge der amerikanischen Luftfahrtgeschichte. Ich hatte sehr viel Glück, da zum Zeitpunkt meines Besuches eine Sonderausstellung zum Thema Alaska und Buschfliegerei geöffnet hatte, als ambitionierter virtueller Buschpilot freute mich dies sehr, besonders weil ich mich mit den dortigen im Ruhestand befindlichen Piloten unterhalten konnte. Ich muss schon sagen, dass mit der nette alte Herr tolle Geschichten erzählt hat.

Als Buschpilot erlebst du echt vieles, wie hat er so schön gesagt. Am tollsten ist es, Fracht zu fliegen, denn die „kotzt“ dir nicht den Innenraum voll und schreit beziehungsweise nörgelt auch nicht.

Ist der erste Rundgang durch die eine Halle vollendet, findet sich der Luftfahrtbegeisterte wieder am Eingang, von dort aus geht es dann auch in die Warbird Abteilung. Was wären die USA denn ohne ihren übertriebenen Patriotismus? Genau, nicht die USA. Auf zwei Ebenen steht fast alles, was während des Ersten und Zweiten Weltkrieges in der Luft war, natürlich kommt auch die Geschichte am Boden nicht zu kurz. Chrom und große Propeller glänzen einem nur so entgegen.

Hier werden nicht nur bedeutende Piloten und Flugzeuge wie zum Beispiel die P-51 auf amerikanischer Seite beleuchtet, auch für die britische Spitfire, die japanische Zero und die deutsche Messerschmitt ist dort genug Platz. Leider tut es einem im Herzen weh, diese Ikonen dort im Museum hinter Mauern aus Glas und Beton stehen zu sehen.

Auch in diesem Teil des Museum of Flight kann der Besucher wieder Sachen selbst ausprobieren. Bei einer Luftkampfsimulation können Hobbypiloten zeigen was sie können oder selbst die Markierungen von Geschwadern zuordnen.

Hat man diesen Rundgang wiederum beendet, ist der Tag auch schon zur Hälfte vergangen und man steht direkt vor einer unscheinbaren Doppeltür. Diese führt in ein farmähnliches, für die USA schon fast stereotypisch rot gestrichenes Gebäude, die Geburtsstätte der Boeing Company. Von den ersten Anfängen, bis hin zum großen Durchbruch und dem Zeitalter der turbinenbetriebenen Luftfahrt wird dort die Geschichte der Boeing Company haarklein erklärt. Der Aufbau und Arbeitsaufwand, beim Hobeln, Schleifen und Beziehen der Tragflächen aus Holz und Stoff kann an den alten mit Riemen und dampfbetriebenen Maschinen deutlich erkannt werden. Interessant ist auch, dass die meisten Entwicklungen, wie wir sie heute in der Luftfahrt kennen und schätzen, militärischen Ursprungs sind.

Man kann das Rattern der Maschinen, den Schweiß- und Öl-Geruch fast noch riechen. Auch die große Bedeutung der Stadt Seattle und die Hintergrundgeschichte, was, wieso und warum sich Boeing genau in der Stadt an der Westküste Washingtons niedergelassen hat, wird dem eifrigen Museumsbesucher näher gebracht. Leider würde das jetzt hier den Rahmen sprengen.

Der Weg in den Außenbereich auf der anderen Straßenseite geht über eine futuristische Brücke und durch die Ausstellung des NASA Space Shuttle Programms. Leider befand sich dieser Bereich der Ausstellung während meines Besuches im Umbau, daher kann ich dazu recht wenig sagen, außer, dass das Sitzen auf einer Shuttletoilette wirklich komisch ist. Als kleiner Trost hier noch ein Selfie mit einem Astronauten.

Last but not least, der Außenbereich: DER Außenbereich, liebe Luftfahrt und Boeingfreunde! Da steht eine Super Constellation der Trans Canada Airlines, und da muss ich jetzt schon sagen, ich bin ein wirklich großer Fan der Conni, generell Flugzeuge mit Kolbenmotoren haben es mir angetan, aber leider konnte die betagte Dame meinen Blick nicht allzu lange an sich binden.

Denn wenn du als Sterblicher die Chance hast, vor und in einer der drei originalen Boeing 707 Air Force One zu stehen, für die Nerds unter uns wäre die genaue Bezeichnung Boeing VC-137B, dann verblasst eigentlich alles im Umkreis.

Eine der Maschinen, in der schon John F. Kennedy oder Ronald Reagan geflogen sind und während dem Flug über das Rote Telefon wichtige Entscheidungen getroffen haben. Es ist schwer in Worte zu fassen, was das Innere dieses Flugzeuges ausstrahlt. Zwischen Leder, Bildern und feinstem Holz spürt man noch die Anwesenheit der Präsidenten. Auch von Außen ist der Eindruck einfach nur grandios! Die weiße Grundierung, der blau-goldene Streifen und der verchromte Bauch, einfach schön anzusehen.

Doch das ist noch nicht alles, die ehemalige Air Force One steht in guter Gesellschaft. Leider nicht so strahlend, aber dennoch anmutig ist die erste jemals gebaute Boeing 737-100 des NASA Langley Research Centers, daneben ihre größte Schwester, sie trägt den Namen „City of Everett“ und hat den allseits bekannten Buckel, die Queen of the Skies, der erste Prototyp der erfolgreichen Boeing 747.

Leider haben ihr die UV-Strahlung der Sonne und das raue Klima der Pazifikküste sehr zugesetzt. Der Lack ist an vielen Stellen ausgeblichen und blättert auch schon ab, dennoch strahlt sie noch immer Eleganz und Größe aus. Im Vergleich dazu wirkt die Boeing 727 der American Airlines eher klein. Neben einigen der ersten flugfähigen Prototypen von Passagierflugzeugen parkt dort auch eines der schnellsten, die legendäre Concorde. Auch diese konnte ich während meines Besuches von innen besichtigen. Die Geschwindigkeit ist förmlich spürbar, dies wird nicht nur durch die Plakette mit Geschwindigkeit und Flughöhe im Innenraum verdeutlicht. Das Beste am Außenbereich ist, dass dort die Ausstellungstücke von fast jeder Seite aus begutachtet werden können.

Mit diesen Eindrücken sind wir nun leider schon am Ende des zweiten Teils meines Reiseberichtes angelangt. In Teil 3 bewegen wir uns wieder etwas weiter in den Norden, genauer gesagt nach Everett, mehr will ich jetzt noch nicht verraten.

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Autor

Wann ich mit der Flugsimulation begonnen habe kann ich nicht mehr genau sagen, ist aber jedenfalls schon ein paar Jahre her. 2009 habe ich mein keines ein Mann Studio "Cheesy Simulations" eröffnet und bin seither in der Entwickler-/Painterszene aktiv. Neben der Entwicklung eigener Inhalte bin ich unter anderem auch für Aerosoft, ORBX/FTX, LimeSim, 29Palms und weitere Entwickler als Betatester tätig. Für flusinews betreue ich hauptsächlich den flusinews.de Livestream!

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